Zuerst einmal können wir uns überlegen, was beim Laden bzw. Entladen eines Kondensators passiert. Zu Beginn des Ladevorgangs befinden sich keine Ladungen auf dem Kondensator, er ist leer. D.h. zum Zeitpunkt  ist die Ladung  und damit ist auch die Spannung am Kondensator . Nun fließt zum Laden ein Strom auf den Kondensator. Da zu Beginn keine Ladungen darauf sind, ist dieser Strom maximal. Der Strom bringt nun Ladungen auf den Kondensator, so dass  größer wird und auch die Spannung am Kondensator steigt nun. Je mehr Ladungen auf dem Kondensator sind, desto größer ist das Potential am Kondensator und desto kleiner ist der Potentialunterschied zwischen Spannungsquelle und Kondensator. Da der Potentialunterschied aber der Antrieb für den Stromkreis ist, sinkt die Stromstärke I. Ist der Kondensator vollgeladen, so bleiben  und  konstant und  ist , es fließt kein Strom mehr.

 

Beim Entladen befindet sich nun die maximale Anzahl von Ladungen auf dem Kondensator. D.h. die Spannung am Kondensator und die Ladungen darauf sind zum Zeitpunkt  maximal. Lässt man nun zu, dass sich der Kondensator entlädt, z.B. durch Anschließen eines Verbrauchers, dann fließt ein Strom. Da viele Ladungen vorhanden sind, der Potentialunterschied zum Verbraucher hoch ist, ist die Stromstärke groß. Dadurch sinken die Anzahl der Ladungen und die Spannung am Kondensator stark. Je weniger Ladungen sich auf dem Kondensator befinden, desto kleiner wird die Stromstärke, da natürlich der Potentialunterschied kleiner wird. Also sinken auch  und . Alle drei Größen sinken, bis sie 0 erreichen.

 

 

 

 

1.    Entladen:

 

Bei der Grundschaltung handelt es sich um eine Reihenschaltung, d.h. der Strom ist konstant und die Spannungen werden addiert (Maschenregel):

 


 

Beim Entladen ist die angelegte Spannung :

 

 

Im letzten Schritt verwendet man den Zusammenhang . Also können wir den Strom als Ladungsänderung (zeitliche Ableitung von  entspricht ) schreiben. Als nächstes können wir die Gleichung so umstellen, dass  alleine steht:

 

 

Dies nennt man homogene Differentialgleichung (DGL). Im Folgenden könnt ihr sehen, wie man diese einfache Art der DGL lösen könnt. Homogene DGLs der 1.Ordnung haben immer die Form . Wichtig ist dabei, dass wir  als Angabe der Ableitung aus Mathe kennen.

 und  kommen auch in der Integralrechnung vor. Um diese Art der DGL lösen zu können, solltet ihr deshalb mit der Integralrechnung vertraut sein. Die Integralrechnung ist die Umkehrrechnung der Differenzialrechnung. Mit diesem Wissen können wir die Gleichung lösen. Schaut es euch einfach mal an, so schwer ist es nicht:

 


 

Nun sortieren wir nach Variablen. Auf die Seite von  müssen alle’s stehen und auf der Seite von  müssen alle ’s stehen. Euer Ziel ist am Ende den Ladungsverlauf  zu berechnen, deshalb ist es einfacher, wenn ihr alle Konstanten auf die Seite von  und umstellt:

 

 

Um nun das  und  loszuwerden, müssen wir als nächstes integrieren. Konstanten können wir dabei vor das Integral schreiben:

 


 

Beim Integrieren werden immer die Grenzen eingetragen. Diese werden bei Differenzialgleichungen meisten durch Anfangs- bzw. Randbedingungen vorgegeben, die in der Aufgabenstellung stehen. Da wir hier keine Werte haben, verwenden wir die zwei Konstanten  und  als untere und die Variablen  und  als obere Grenzen:

 

 

 ist dabei wieder eine Konstante, die wir jetzt der Einfachheit wegen  nennen. Als nächstes möchten wir den Logarithmus eliminieren, dh. wir verwenden die e-Funktion:

 



 

Auch hier ist  nur eine Zahl, wodurch wir sie wieder als neue Konstante definieren können. Um einen sinnvollen Namen zu finden betrachten wir einfach mal die aktuelle Gleichung. Wenn wir unseren Entladevorgang starten, dann gibt es einen Zeitpunkt , an dem unsere Betrachtung startet. Das heißt, unser t kann nur positiv sein, wodurch der Exponent von e immer negativ sein wird und somit die gesamte Exponentialfunktion für große  gegen 0 strebt. Unsere Konstante  beschreibt also unseren Startwert bei , der durch unsere Potenz immer kleiner wird. Deshalb bietet sich die Bezeichnung  an, da sie die Ladung beschreibt, welche zum Zeitpunkt  auf dem Kondensator ist. Damit folgt:

 

 

Setzen wir diesen Verlauf von  in die bekannten Formeln ein, so erhalten wir auch die Verläufe von  und :

 


 

Bitte wundert euch nicht über das negative Vorzeichen beim Strom. Schließlich fließt der Entladestrom entgegengesetzt zum Ladestrom.

 

 

 

2.   Halbwertszeit:

 

Die Halbwertszeit ist die Zeit t, bei der eine exponentielle Größe (hier ), auf die Hälfte gesunken ist. Sie kann folgenderweise bestimmt werden:

 




 

Bei der Umformung der Gleichung haben wir angewandt, dass der natürliche Logarithmus die Umkehrfunktion der E-Funktion ist. Außerdem gilt beim Logarithmus folgende Umformung:  bzw. .

 

 

 

3.   Aufladen:

 

 

Wie zuvor gilt

 

 

Dabei ist  die Ladespannung, welche nicht zeitabhängig ist. Hier liegt keine homogene DGL vor, denn auf der linken Seite der Gleichung steht noch eine Konstante. Was wir aber machen können, ist die gesamte Gleichung zu differenzieren und danach  und nicht  zu betrachten:

 


 

Nun haben wir durch  eine homogene DGL erhalten, welche wir wie zuvor lösen können:

 

 

Als nächstes können wir uns nochmals die Grundgleichung zur Zeit  anschauen:

 

 

Denn die Ladespannung liefert zu diesem Zeitpunkt genau den Strom . Also folgt für unsere Gleichung:

 

 

 beschreibt gerade die Spannung am Kondensator und ist zeitabhängig. Durch Umstellen der Gleichung können wir  berechnen: